Frankfurter Buntbuch 73: Kafkas Orte in Berlin
„Wohne in Berlin in irgend einer Pension, in der scheinbar lauter junge polnische Juden wohnen; ganz kleine Zimmer. Ich verschütte eine Wasserflasche. Einer schreibt unaufhörlich auf einer kleinen Schreibmaschine, wendet kaum den Kopf, wenn man um etwas bittet. Keine Karte von Berlin aufzutreiben. Immer sehe ich in der Hand eines ein Buch, das einem Plan ähnlich ist. Immer zeigt sich, daß es etwas ganz anderes enthält, ein Verzeichnis der Berliner Schulen, eine Steuerstatistik oder etwas derartiges. Ich will es nicht glauben, aber man weist es mir lächelnd ganz zweifellos nach.“
Franz Kafka, Tagebuch, 13. Februar 1914
Berlin war ein Sehnsuchtsort für den Prager Schriftsteller und Versicherungsangestellten Franz Kafka. Seit seinem ersten Besuch im Dezember 1910 träumte er von der Übersiedlung in die Spreemetropole. Berlin versprach das Eintauchen in einen modernen Lebensstil, den Anschluss an die literarische Avantgarde, die Lösung aus den Bindungen an Herkunft, Familie und Brotberuf. »Für mich hängt Berlin wirklich über Prag, wie der Himmel über der Erde«, schrieb Kafka an seine Verlobte Felice Bauer. Die berufstätige junge Frau, die im Büro einer Berliner Schallplattenfirma arbeitete, war die ideale Projektionsfläche für Kafkas Sehnsucht nach dem modernen Berlin. Das Heiratsprojekt scheiterte. Doch mit seiner letzten Freundin Dora Diamant verlebte der lungenkranke Kafka im Winter 1923/24 in Steglitz und Zehlendorf ein so abenteuerliches wie glückliches halbes Jahr.
Hundert Jahre nach Kafkas Tod zeichnet Michael Bienert die Topografie von Kafkas realem und imaginärem Berlin nach, mit dem Fokus auf Orte, die aufzusuchen sich heute noch lohnt.
Michael Bienert
„Wie der Himmel über der Erde“ / Kafkas Orte in Berlin (1910-1924)
Frankfurter Buntbücher 73
Broschur mit Schutzumschlag
32 Seiten mit zahlreichen Illustrationen und Karten
10 Euro
Verlag für Berlin-Brandenburg, 2024
ISBN: 978-3-96982-092-6
Weitere Informationen
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